LIEFER­KETTEN­MANAGE­MENT

GRI 102-9, 308-2, 414-2,
jeweils mit 103 (1 bis 3)

GRI 102-9
GRI 308-2
GRI 414-2

jeweils mit 103 (1 bis 3)

Wesentlichkeit und Herangehensweise

Als Unternehmensgruppe, deren Fokus auf der Herstellung, der Abfüllung, dem Vertrieb und der Vermarktung von Getränken liegt, benötigt die Radeberger Gruppe zahlreiche Rohstoffe und Verpackungsmaterialien, die sie über regionale und nationale, aber auch internationale Lieferketten bezieht. Intakte Lieferketten sind für die Unternehmensgruppe daher geschäftsentscheidend. Wie wichtig stabile Prozesse und verlässliche Partnerschaften in der Beschaffung sind, zeigte sich im Berichtszeitraum insbesondere durch die Corona-Pandemie, aufgrund derer es zu weitreichenden Verwerfungen in den Lieferketten kam.

Als größte Brauereigruppe Deutschlands mit Tätigkeiten in über 70 Ländern hat die Radeberger Gruppe maßgeblichen Einfluss auf ihre Lieferanten und Regionen, in denen diese tätig sind. Infolgedessen hat die Unternehmensgruppe auch große ökologische und soziale Verantwortung. Ihr jährliches Einkaufsvolumen umfasst mehrere hundert Millionen Euro. „Diese Größenordnung verpflichtet uns zu verantwortungsvollem Einkauf“, lautet daher das Leitprinzip im Einkaufshandbuch der Radeberger Gruppe.

Dies spiegelt sich auch in der Wesentlichkeitsanalyse und -matrix wider. Sechs der sieben wesentlichen Themen beziehen sich auf die Lieferkette, etwa ihre Klimagasemissionen oder die Wasserverbräuche bei direkten und indirekten Lieferanten. Bereits heute hat die Radeberger Gruppe Grundsätze und Maßnahmen zu ihrer Verantwortung entlang der Wertschöpfungskette in Leitlinien und Prozessen verankert. Die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse zeigen jedoch auch deutlich, dass eine Quantifizierung der negativen Auswirkungen innerhalb der Lieferkette gefordert ist, zum Beispiel die Erfassung konkreter Verbräuche und Emissionen. In ihrem Nachhaltigkeitsprogramm hat die Unternehmensgruppe diese Konkretisierung als wichtiges Ziel für die kommenden Jahre definiert.

Organisation und Management

Der Fachbereich „Einkauf“ der Radeberger Gruppe ist in großen Teilen zentralisiert. Unterstützt wird er durch die Handelsgesellschaft Sparrenberg mbH – eine Tochtergesellschaft der Oetker-Gruppe – bei der Beschaffungsmarktforschung und bei Einkaufsdienstleistungen. Der Einkauf der Radeberger Gruppe gliedert sich in die Bereiche „Nachhaltigkeitsmanagement“, „Rohstoffe“, „Verpackung“, „NFM“ (Nicht-Fertigungs-Material), „Gastro- und Werbemittel“ sowie „Einkaufsprozesse“. Mit Eingliederung des Nachhaltigkeitsmanagements in den Fachbereich trägt die Unternehmensgruppe seiner Relevanz in der Lieferkette Rechnung. Gleichzeitig ist die Abteilung aber auch übergreifend für alle Nachhaltigkeitsthemen zuständig. Diese wichtige Positionierung innerhalb der Unternehmensgruppe unterstreicht die Radeberger Gruppe zudem durch die direkte Anbindung des Einkaufs an den kaufmännischen Geschäftsführer.

Die hohe Bedeutung der Lieferkette für die Radeberger Gruppe zeigt sich bereits an den für die gesamte Unternehmensgruppe geltenden „Grundsätzen zur sozialen und ökologischen Verantwortung“, in der besonders für Vorlieferanten relevante Themen enthalten sind.

Handlungsleitend für den Einkauf und damit alle beschaffungsrelevanten Prozesse ist die Einkaufsstrategie. Neben den Aspekten „Qualität“, „Zuverlässigkeit“ und „Preis/Wettbewerbsfähigkeit“ sind die Kriterien „Nachhaltigkeit/Innovation“ gleichbedeutend.

Alle Aspekte der Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Maschinen und Dienstleistungen sind im gruppenweiten Einkaufshandbuch als verbindliche Rahmenrichtlinie geregelt. Der Geltungsbereich umfasst alle einkaufs- bzw. bestellrelevanten Vorgänge der Radeberger Gruppe sowie deren Tochter- und Beteiligungsgesellschaften. Darin heißt es unter anderem: „Die Einhaltung von grundlegenden Menschenrechten, sozialer Standards und ökologischer Grundsätze ist die zentrale Voraussetzung für jegliche Zusammenarbeit.“ Nach diesen Handlungsprinzipien agieren alle Mitarbeitenden in ihrer täglichen Arbeit. Eine weitere wichtige Rolle spielt Transparenz in der Lieferkette. Sie ist Teil des verankerten Risikomanagements der Unternehmensgruppe und trägt langfristig zur Versorgungssicherheit, zur Einhaltung von Nachhaltigkeitsaspekten sowie Qualitätsstandards bei.

Im Berichtszeitraum hat die Radeberger Gruppe in Zusammenarbeit mit Organisationen innerhalb der Oetker-Gruppe begonnen, das Lieferantenmanagement vor dem Hintergrund des zum 1. Januar 2023 in Deutschland in Kraft tretenden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) weiterzuentwickeln. Sämtliche durch das Gesetz geforderten Aspekte wie die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung für Menschenrechte, die Benennung von Menschenrechtsbeauftragten und die Durchführung von Risikoanalysen hat sie angestoßen.

Für die Einhaltung von menschenrechtlichen und ökologischen Aspekten durch die unmittelbaren Zulieferer ist der Einkauf in Abstimmung und Zusammenarbeit mit übergreifenden Fachbereichen und den Standorten der Radeberger Gruppe verantwortlich. Ein für alle Lieferanten verpflichtender Verhaltenskodex umfasst die Einhaltung von grundlegenden Menschenrechten, sozialen Standards sowie ökologischen Grundsätzen und ist Grundlage für jegliche Zusammenarbeit mit Lieferanten. Dieser Kodex wurde im Jahr 2019 eingeführt und wird seitdem umgesetzt, zusätzlich zu dem allgemeinen Verhaltenskodex der Oetker-Gruppe. Ihren Verhaltenskodex überarbeitet die Radeberger Gruppe regelmäßig. Er umfasst beispielsweise die Achtung international anerkannter Menschenrechte, das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit im Sinne der ILO Konventionen, die Achtung von Aspekten und Regelungen der Arbeitssicherheit sowie Gesundheitsverträglichkeit oder angemessenen Entlohnung. Zur Übernahme ökologischer Verantwortung verlangt der Kodex von Lieferanten möglichst ressourcenschonende Praktiken, die Vermeidung von Umweltgefährdungen sowie kontinuierliche Prozess- und Verfahrensoptimierungen, um Umweltbelastungen weiter zu reduzieren.

Von ihren Lieferanten erwartet die Radeberger Gruppe, dass sie einen eigens eingerichteten Beschwerdemechanismus nutzen. Der Mechanismus gibt Zulieferern verschiedene Möglichkeiten, mit der Unternehmensgruppe in Kontakt zu treten, zum Beispiel an die direkten Ansprechpartner der Radeberger Gruppe, ihre Vorgesetzten oder den Compliance-Beauftragten über . Den Eingang eines Hinweises bestätigt die Radeberger Gruppe zunächst, um nachfolgend den Sachverhalt zu klären. Sämtliche dafür verantwortlichen Personen sind unparteiisch, unabhängig, nicht weisungsgebunden und zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet. Weitergehende Vertraulichkeit gewährleistet die Radeberger Gruppe, indem sie bei Bedarf eine zunächst vertrauliche Untersuchung des Vorfalls beziehungsweise Verstoßes durch den Compliance-Beauftragten ermöglicht, ohne weitere Personen zu involvieren.

Die Steuerung von Nachhaltigkeitsanforderungen an Lieferanten erfolgt bei der Radeberger Gruppe über EcoVadis als Teil der Lieferantenbewertung. Dabei handelt es sich um ein Governance-Instrument für ökologische und soziale Aspekte im Einkauf. Seit dem Jahr 2017 nutzt die Unternehmensgruppe das System. EcoVadis liefert verlässliche Kennzahlen und damit die Vergleichsmöglichkeit einzelner Lieferanten; zudem gewinnt sie Einfluss auf Verbesserungen. Auch für Zulieferer ist EcoVadis von Vorteil: Sie erhalten eine objektive Analyse ihrer Nachhaltigkeitsleistung, können Handlungsbedarfe identifizieren und optimieren. Da viele Unternehmen ebenfalls mit EcoVadis arbeiten, minimiert sich für die Nutzer der Aufwand, da sie ihre Daten nur einmal und nicht kundenindividuell einpflegen müssen. Fällt die Bewertung eines Lieferanten abweichend aus, so sucht die Radeberger Gruppe das Gespräch. Darin werden Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet und dokumentiert. Die Lieferantenbewertung dient auch dazu, Zulieferer, bei denen keine Verbesserung eintritt, vorübergehend zu sperren oder mittelfristig auszutauschen. Im Berichtszeitraum konnte die Radeberger Gruppe die vierte Lieferantenkampagne planmäßig erfolgreich beenden. Mittlerweile sind 82 Prozent der Schlüssel-Lieferanten im System registriert, davon haben sich 57 Prozent dem Assessment unterzogen. Entscheidend für den Erfolg, weitere Schlüssel-Lieferanten für die Systemregistrierung zu gewinnen, waren neben der vierten Kampagne der Radeberger Gruppe parallele Kampagnen der EcoVadis-Nutzer Oetker-Nahrungsmittel sowie Henkell-Freixenet. Hintergrund der gruppenübergreifenden Zusammenarbeit ist ein konzertierter Austausch angesichts der bevorstehenden Gesetzgebung und der Identifikation entsprechender Potentiale des EcoVadis-Systems. Das Tool gewinnt gerade vor dem Hintergrund des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetztes an Relevanz und soll von den Beteiligten daher konsequent weiterverfolgt werden.

Lieferantenaudits führt die Qualitätssicherung der Radeberger Gruppe unter bestimmten Voraussetzungen durch. Denn sie sind integraler Baustein in ihrer Lieferantenbewertung beziehungsweise in ihrem Lieferantenmanagement. Eine eigene Verfahrensanweisung regelt Sinn, Zweck, Ziel, Art und Bewertung der Audits. In strategischen Warengruppen finden Audits in definierten, regelmäßigen Abständen statt, bei allen anderen im Bedarfsfall, zum Beispiel im Rahmen einer Erstqualifizierung oder bei Mängeln. Zur Durchführung erstellt die Radeberger Gruppe jährliche Auditpläne und hält diese nach. Infolge der Corona-Pandemie waren Audits im Berichtszeitraum nur eingeschränkt möglich (2019: 5, 2020: 4, 2021: 5).

Maßnahmen und Highlight-Projekte im Berichtszeitraum

  • Im Jahr 2019 hat die Radeberger Gruppe ein Verfahren zur Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen umgesetzt. Ziel ist die lückenlose Identifizierbarkeit und Rückverfolgbarkeit sämtlicher von der Unternehmensgruppe verarbeiteter Lebensmittel. Die verpflichtende Rückverfolgbarkeit ist auch im Verfahrenskodex Lebensmittelrecht der Oetker-Gruppe festgeschrieben.
  • Im Frühjahr 2020 waren rund 40 Auszubildende der Radeberger Gruppe in der bayerischen Hallertau freiwillig im Einsatz, um die Hopfenbauern bei den Anpflanzungen zu unterstützen und somit die Hopfenernte abzusichern, da ausländische Saisonarbeiter wegen coronabedingter Einreisebeschränkungen keine Unterstützung leisten konnten. Ihre Nachwuchskräfte hat die Unternehmensgruppe weiterhin vollumfänglich entlohnt, die Hopfenbauern mussten infolgedessen keine Vergütung entrichten.
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